Daten verarbeiten

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Sie im Supermarkt an der Kasse immer nach Ihrer Payback-Karte gefragt werden?

Allein aus ihren Einkäufen, können Algorithmen sehr viele Details über Ihren Haushalt, Ihre Persönlichkeit und Ihren Beziehungsstatus berechnen.
In den USA konnten in einer Supermarktkette Algorithmen aus den Einkäufen der Kundinnen im Vorfeld Schwangere inkl. Entbindungstermin identifizieren:

WDR-Bericht Target-Supermarkt

In Zusammenhang mit ihrer Kundenkarte konnte die Supermarktkette so den Kundinnen gezielt personalisierte Werbung für Babyprodukte anbieten.

(Der Originalbeitrag ist in der WDR-Mediathek nicht mehr verfügbar – oben ab ca. 1:07 Min.)

 

Aber es geht noch viel mehr:

Aus den gesammelten Daten generieren Algorithmen im Hintergrund weitere, abgeleitete Daten, wie z.B. Persönlichkeitsmerkmale und vertrauliche Details welche Sie so niemals direkt preisgeben würden. Und das mit mit einer erstaunlichen, genauen Vorhersagequalität.
Und das funktioniert mit Datensätzen von Ihren Google-Suchen, von Ihren Playlists (z.B. in Youtube), Ihren Posts (z.B. in Twitter, TikTok, Facebook, etc.) und Ihrem Surfverhalten.

Die folgenden Grafiken zeigen (nicht vollständig) diverse Auswerte-Möglichkeiten durch die Analyse eines Facebook-Profils.
(z.B. Persönlichkeit, Lebenszufriedenheit, Intelligenz, Alter, Geschlecht, Interessen, politische und religiöse Einstellung, Beziehungsstatus, sexuelle Orientierung, Bildungsniveau, etc.):

(Quelle: Applymagicsauce.com, Cambridge University)

Hier können Sie selbst Ihr Facebookprofil auswerten lassen:

Bereits 250 Facebook-Likes reichen aus, um Ihre Persönlichkeit besser zu beschreiben, als es Ihre Familienangehörigen könnten:
(Quelle: M. Kosinski, www.michalkosinski.com)


Erfolgsraten bei der Prognose von Persönlichkeitseigenschaften aus Facebook-Likes. Quelle: Kosinski et al, 2013
Bildquelle: crackedlabs.org

 

Ähnliche Analysemöglichkeiten liefern natürlich auch die Trackingdaten Ihres Surfverhaltens, gestreamte Musikdateien, Nutzung von Messengerdiensten, Ihre getätigten Online-Einkäufe, etc. Zusammengenommen können solche Daten ein sehr umfangreiches und detailliertes Bild (ein personal scoring) des Nutzers ergeben.

 

In Deutschland handeln nach Schätzungen des Deutschen Direkt Marketing Verbandes (DDV) über 1000 Firmen mit legal erworbenen personenbezogenen Daten und Benutzerprofilen. Die Umsatzstärksten Top 10 Anbieter von Adress- und anderen personenbezogenen Verbraucherdaten auf dem deutschen Markt zeigt die folgende Tabelle:

Konzern/Mutterunternehmen Anbieter Geschäftsfeld Gesamtumsatz 2014
Schufa Holding Risikoinformation 132,7 Mio. Euro
Arvato Bertelsmann AZ Direct Dialogmarketing >130 Mio. Euro*
Deutsche Post DHL Group/
Bertelsmann
Deutsche Post Adress Adress-Services 60,2 Mio. Euro
Deutsche Post Deutsche Post Direkt Dialogmarketing >50 Mio. Euro*
Arvato Bertelsmann infoscore Consumer Data Risikoinformation >20 Mio. Euro*
Acxiom Corporation Acxiom Deutschland Dialogmarketing 14,0 Mio. Euro**
Creditreform Gruppe Creditreform Boniversum Risikoinformation <14 Mio. Euro*
CRIF Bürgel Wirtschaftsinformationen
(B2C-Segment)
Risikoinformation 11,1 Mio. Euro
EOS Holding/
Schober Information Group
Schober Direct Media Dialogmarketing >10 Mio. Euro*
SAZ Services AG Dialogmarketing <10 Mio. Euro *

* geschätzte Umsätze für das Gschäftsjahr 2014,  ** Acxiom Deutschland bilanziert das Geschäftsjahr vom 01.04.2014–31.03.2015
Quelle: Goldmedia Analyse 2016/2017
(Vollständiger Bericht)

 

 

Eines der größten Datenhandelsunternehmen ist die US-Firma Acxiom. Sie verfügt nach eigenen Angaben bis zu 3.000 einzelne Eigenschaften von etwa 700 Millionen Menschen – von Ausbildung, Haushalts-Zusammensetzung, Wohnsituation, Beschäftigung, Einkommen, Eigentum, Konsum- und Wahlverhalten bis zu Bedürfnissen, Interessen und Freizeitaktivitäten.

Bild Axciom - Datenmerkmale
Quelle: crackedlabs.org
Der „Acxiom Data Catalogue“ enthält hierzu weitere Informationen.

 

Der Datenklau im Internet – macht auch vor Politikern nicht halt…

 

Die Macht der Algorithmen – sind wir vollkommen transparent und berechenbar?

Sprechen Sie gern mit Sprachassistenten wie Alexa?

Überlegen Sie, welche Informationen solche Sprachassistenten sammeln könnten:

Informationen, die Sprachassistenten über Sie sammeln könnten:

  • Ihren Namen, Alter, Adresse, Wohnort
  • Ihren Arbeitsort
  • Ihren derzeitigen Familien-/Partnerstatus
  • Die Anzahl und das Alter der Kinder im Haushalt
  • Ihre Stimme, Ihren Gesundheitszustand (sind Sie erkältet?)
    (Amazon wurde ein Patent zur auditiven Krankheitserkennung erteilt)
  • Ihren Tagesablauf (wann ist wer in der Wohnung?)
  • Ihre bevorzugten Reiseziele, Musikstile, Hobbys
  • Wann (an welchen Wochentagen und zu welcher Uhrzeit) wird gekocht?
  • Wie lange putzen Sie Ihre Zähne?
  • Ihre Ausgabebereitschaft für…
  • Ihre Interessen, Ihre Vorlieben
  • Anzahl und Art der Haustiere im Haushalt (Geräusche, Laute, Rufnamen)?
  • Ihre Persönlichkeit (s.u.), Ihren Bildungsstand
  • Ihre Zugangsdaten zu WLAN, Spotify, Calendar, etc.

 

„Das Verständlichste an der Sprache ist nicht das Wort selber, sondern der
Ton, Stärke, Modulation, Tempo, mit denen eine Reihe von Wörtern gesprochen
werden – kurz die Musik hinter den Worten, die Leidenschaft hinter
dieser Musik, die Person hinter dieser Leidenschaft: alles das also, was
nicht geschrieben werden kann.“ (Friedrich Nietzsche, 1882)

Anhand Ihrer (Aus-)Sprache können Algorithmen viel über Ihren Charakter und Ihre Persönlichkeit berechnen:

„Die Precire-Software misst zum einen Merkmale wie Stimmhöhe, Lautstärke, Modulationsfähigkeit, Sprechtempo und Rhythmus. In einem zweiten Verfahren erfasst sie, welche Worte verwendet und wie sie mit anderen kombiniert werden. Der Inhalt des Gesprochenen ist dabei völlig egal. Aus Tausenden von Messergebnissen konstruiert Precire ein sprachliches Muster und gleicht es automatisch mit den gespeicherten Mustern ab.“ (Quelle: Sueddeutsche.de). Aus der Sprachanalyse gibt das System z.B. aus, ob ein Bewerbungskandidat Führungsqualitäten aufweist.